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Gesundheitskiosk: Hörstmar in Lemgo hat bundesweit eine Vorreiterrolle

Das Projekt hat Modellcharakter, zählt zu den ersten dieser Art in ganz Deutschland. Der Gesundheitskiosk in Hörstmar will Gesundheitsthemen zu den Menschen bringen und damit auch das Leben in den dörflichen Strukturen erleichtern. Im Dezember 2020 - mitten in der Coronapandemie - ging das Gemeinschaftsprojekt von Stadt, Klinikum und Diakonie ambulant im Dorfgemeinschaftshaus an den Start und erhält jetzt neuen Aufschwung: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will bundesweit Kioske der Gesundheit etablieren.

Noch gibt es davon nur eine Handvoll in Deutschland. 2017 ging eine Einrichtung in Hamburg-Billstedt an den Start, als zweite bundesweit folgte Ende 2020 Hörstmar. Auch in Essen und Aachen gibt es mittlerweile Angebote, ein weiteres ist im Kreis Gütersloh geplant. Die Menschen medizinisch unterstützen, sei es in sozialen Brennpunkten, wie es Karl Lauterbach momentan vor Augen hat, oder auch in den dörflichen Strukturen, so wie es im Lemgoer Dorf geschieht - das ist das Anliegen der Gesundheitskioske.

In Hörstmar sind seit Ende 2020 zwei Kräfte vor Ort. Von Anfang an dabei ist die Pflegefachkraft Emma Smoljanow, vor wenigen Monaten hat Cornelia Lefarth ihre Vorgängerin Andrea Kästing von der Diakonie ambulant ersetzt. Drei Mal die Woche sind die beiden Frauen vor Ort, beraten zu Fragen der Pflege, helfen bei Anträgen zur Schwerbehinderung oder auch bei Ärger mit Ämtern und Kassen. Auch medizinische Probleme sind immer wieder Thema.

Emma Smoljanow und ihre Kollegin verweisen dann an die zuständigen Ärzte, greifen im Zweifelsfall auch selbst zum Telefon, um Termine zu koordinieren - denn eine Arztsprechstunde vor Ort, wie sie zunächst geplant war, sei aus rechtlichen Gründen derzeit leider nicht möglich.

Angst vor Bürokratie nehmen

Niederschwellig soll das Angebot sein, den Menschen die Angst vor den bürokratischen Hürden nehmen. Und das funktioniert, wie Emma Smoljanow erklärt. Vorbei seien die Zeiten, als die Frauen noch auf die Besucher warten mussten, längst sind ihre Sprechzeiten gut gefüllt.

Ein wichtiges Anliegen, erklärt Anja Rethmeier-Hanke, die das Projekt für das Klinikum Lippe betreut, sei es auch, die Gesundheitskompetenz der zumeist älteren Besucher zu stärken. "Wie erkenne ich seriöse Informationen? Wo gibt es im Dschungel des Gesundheitswesens die richtigen Ansprechpartner?" Auch bei diesen Fragen bringen die beiden Pflegefachkräfte ihre Besucher weiter.

Gut angenommen werden auch die Themenabende, die jeden dritten Donnerstag im Monat auf dem Programm stehen. Fast immer sind lokale Akteure vor Ort, wie etwa Lothar Hörster von der Schule für Physiotherapie Detmold, der aufgrund der großen Nachfrage gleich zwei Mal zum Thema "Gesunder Rücken" informierte.

Auch die Themen "Schlaganfall" oder "Parkinson" kamen so gut an, dass die Klappwand im Saal des Dorfgemeinschaftsraumes aufgezogen werden musste. Die Info-Abende, erklärt Hendric Schwär-Fröhlich, zuständiger Mitarbeiter der Lemgoer Verwaltung, orientierten sich eng an den Bedürfnissen der Menschen. Nach einem kompakten Vortrag gebe es stets genügend Zeit für die vielen Fragen der Gäste, die sich nicht zuletzt aufgrund der vertrauten Atmosphäre nicht lange bitten ließen.
Zukunft ist noch ungewiss

Eine Kooperation mit der benachbarten Kita soll jetzt verstärkt auch Familien ansprechen, zudem ist eine Zusammenarbeit mit Fraunhofer IOSB vom Lemgoer Campus für digitale Programme in der Mache. Der Gesundheitskiosk scheint also gerüstet für die Zukunft - wie es jedoch im kommenden Jahr weitergeht, ist noch nicht klar. Als Pilotprojekt gestartet, unterstützte die Stadt den Gesundheitskiosk zunächst mit 50.000 Euro.

Weitere 92.000 Euro gab es aus dem EU-Topf über das Leaderprojekt "3 L in Lippe". Vor allem Dirk Tolkemitt, damals noch Kämmerer bei der Stadt Lemgo, heute Bürgermeister von Bad Salzuflen, brachte das Projekt voran und mit Hilfe der Kooperationspartner letztlich an den Start.

Anfragen vom Bund

Wie es weitergeht? Unterstützung erhoffen sich die Kooperationspartner jetzt vom Bundesgesundheitsminister. Auch das Ministerium für Stadtentwicklung hat bereits um ein Interview gebeten. Noch gab es keine weiteren Anfragen, doch die Lipper stehen bereit: "Wir wissen, was funktioniert und wie ein Gesundheitskiosk aufzubauen ist", sagt Anja Rethmeier-Hanke selbstbewusst. Wenn er also noch Infos braucht - Karl Lauterbach darf sich gerne melden.

Quelle: Lippische Landeszeitung, 6. August 2022